Veröffentlicht von Prof. Dr. jur. Burkhard Oexmann am 21.12.2018

Schwerpunktbereichsklausur – Sportrecht: Mein Stammesvater Mambele

§ 17.3Mit seiner Athletenerklärung anerkennt der Fußballer diese Statuten.


F fragt noch am Tag des Nennungsschlusses gegen 8:00 Uhr bei Ihnen, als auf das Sportrecht spezialisiertem Rechtsanwalt an, ob und wie er seine Nennung rechtlich durchsetzen könne, ohne die Zahlung nach § 17.2 der DFB-Statuten zu leisten. Zeigen Sie im Gutachtenstil alle denkbaren Lösungswege auf.

Lösung


A. Der materiellrechtliche Anspruch auf Nennung


I. Anspruch auf Nennung aus der Athletenvereinbarung i.V.m. § 17.1 DFB und den Regeln der FIFA i.V.m. § 242 BGB, Art. 3 I GG
F könnte aus der Athletenvereinbarung i.V.m. § 17.1 DFB und den Regeln der FIFA i.V.m. § 242 BGB, Art. 3 I GG ein Anspruch auf Nennung für den WM-Kader zustehen. Das setzt Regelungen voraus, aufgrund derer die Nennung erfolgt, und die für F Geltung entfalten, wirksam sind und F diese Voraussetzungen erfüllt.


1. Geltung der DFB-Statuten und FIFA-Regeln für F
F ist kein Vereinsmitglied von DFB und FIFA. Bei beiden handelt es sich nur um Dachverbände. Deswegen können die Normen keine unmittelbaren Rechte und Pflichten gegenüber dem Spieler begründen. Mit Unterzeichnung der Athletenvereinbarung erkennt F gem. § 17.3 DFB die Geltung der DFB-Statuten an. Ferner werden über § 17.1 DFB die FIFA Regeln bezüglich der Ernennung zum WM-Kader einbezogen.


2. Rechtmäßigkeits- und Inhaltskontrolle
Das verbandsinterne Recht unterliegt einer (allerdings eingeschränkten) gerichtlichen Rechtmäßigkeits- und Inhaltskontrolle. Die Rechtmäßigkeitskontrolle erfolgt anhand der zwingenden vereinsrechtlichen Vorschriften, den Normen des öffentlich-rechtlichen Vereinsgesetzes und der allgemeinen Bestimmungen (§§ 134, 138 BGB). Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des § 17.1 DFB und der FIFA Regeln bestehen nicht. Allerdings könnte Art. 86 FIFA, der über § 17.1 DFB Geltung erlangt, inhaltlich unangemessen sein. Der Maßstab der Inhaltskontrolle richtet sich nach den §§ 305 ff. BGB oder § 242 BGB.
a)
Für eine AGB-Kontrolle spricht zunächst, dass es sich um verbandsseitig vorformulierte Bestimmungen handelt. Wenn man hingegen die §§ 305 ff. BGB in ihrer Grundkonzeption als korrigierende Reaktion zur Sicherung der Vertragsfreiheit vor einseitiger Gestaltungsmacht durch den Verwender sieht, sind gegenläufige Interessen erforderlich. Mit dem Abschluss der Athletenvereinbarung und die darüber einbezogenen Regelungen des DFB und der FIFA verfolgen Verein und Spieler jedoch die gleichgerichteten Interessen eines geordneten Ablaufs von Spielbetrieb und Spielorganisation. Anders könnte dies nur zu sehen sein, wenn man auf die typischerweise mitgeregelten Vermarktungsrechte abstellt. Tritt der Sportler im Rahmen einer Veranstaltung für den Verein auf, ist er regelmäßig verpflichtet, die Kleidung der Vereinssponsoren zu tragen und kann insoweit nicht eigene Sponsorenverträge erfüllen. Dies vermag in der Hauptsache aber nicht den Unterschied aufzuheben, dass das Verbandsrecht von FIFA und DFB in erster Linie aus sozial-organisatorischen Satzungen besteht, statt Regelungen für Leistungsaustauschbeziehungen zwischen Spieler und Verband zu treffen. Gegen die Anwendung der §§ 305 ff. BGB spricht die Bereichsausnahme des § 310 IV 1 BGB für das Gesellschaftsrecht, welche auch das Vereinsrecht umfasst. Somit erfolgt die Inhaltskontrolle am Maßstab des § 242 BGB.
b)
Einer Inhaltskontrolle hält Art. 86 FIFA nur stand, wenn sie Spieler nicht entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird und Interessenkonflikte nicht einseitig zulasten einer Partei löst. Bei der Auslegung des § 242 BGB als zivilrechtlicher Generalklausel ist zu beachten, dass das GG „verfassungsrechtliche Grundentscheidungen für alle Bereiche des Rechts enthält“. Zivilrechtliche Parteien sind nicht unmittelbar selbst gebunden, sondern mittelbar, indem Gerichte bei Auslegung und Anwendung von § 242 BGB die Grundrechte als Leitlinien zu beachten haben, sog. Ausstrahlungswirkung als objektive Wertordnung. Nicht jeder Grundrechtsverstoß kann zwingend einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, da anderenfalls die Grundrechte gerade unmittelbar wirken würden. Daher ist es unerlässlich, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zu berücksichtigen, dass Art. 2 I GG die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit festschreibt. Diese Gestaltungsfreiheit ist aber bei Parteien wie dem DFB, der eine Monopolstellung innehat, schwächer. In die Interessenabwägung fließen auf Seiten des Spielers die Rechte aus Art. 12 I, 5 I 1 Fall 1 GG ein. Art. 12 I GG schützt als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit neben der Berufswahl- auch die Berufsausübungsfreiheit. Erfasst ist nicht nur der Kernbereich der körperlichen Betätigung, sondern auch die Interaktion mit den Medien und der Öffentlichkeit. Fußballprofi ist eine dauerhafte Tätigkeit, welche der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient, mithin ein Beruf.


c)
Das Interagieren von F mit der Presse als Teil seiner fußballerischen Berufsausübung fällt daher in den Schutzbereich von Art. 12 I GG. Der konkrete Inhalt von Spieleraussagen wird hingegen durch Art. 5 I 1 Fall 1 GG geschützt. Dies gilt für Meinungen jeglicher Art, unabhängig davon, ob sie einen Bezug zum privaten Lebensbereich haben oder Personen und Ereignisse der Zeitgeschichte betreffen und daher die persönliche Sphäre verlassen. Mit der Äußerung gibt F eine persönliche Wertung ab, sodass es sich um ein vom Schutzbereich erfasstes Werturteil handelt. Demgegenüber stehen die Rechte des Vereins aus Art. 9 I GG. Das Doppelgrundrecht enthält eine kollektive und individuelle Ausprägung der Vereinigungsfreiheit. Die kollektive Vereinigungsfreiheit umfasst den freien Vereinsbestand und die freie Vereinigungsbetätigung. Hierzu zählt unter anderem die Satzungsbefugnis des Vereins. DFB und FIFA fallen als Vereine iSd. §§ 21 ff. BGB in den Schutzbereich von Art. 9 I GG und können somit grundsätzlich frei Nominierungs- und Nennungskriterien festsetzen. Der DFB kann daher grundsätzlich von den Spielern verlangen, dass sie keine staatliche Gewalt verherrlichen. Fraglich ist, ob durch Art. 86 FIFA ein angemessener Interessenausgleich geschaffen wird. Dagegen könnte sprechen, dass es einem Spieler möglich sein muss, auch provokante Mittel, als Elemente einer geschickten beruflichen Vermarktung nutzen zu können. Auch die schlechthin konstitutive Bedeutung der Meinungsfreiheit für eine Demokratie könnte dafür sprechen, dass die durch Art. 9 I GG geschützten Interessen des DFB nachrangig sind. Dieses Argument ist umso schwächer, je punktueller die Einschränkung der freien Rede erfolgt. Art. 86 FIFA schränkt lediglich die Verherrlichung staatlicher Gewalt in extremen Formen wie Todesstrafe oder Folter ein.Auch wenn Äußerungen, die den Wertungen der Rechtsordnung elementar widersprechen (vgl. Art. 102, 104 I 2 GG, Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK) nicht bereits unzulässig sind, erscheint im Rahmen der Abwägung die Regelung noch als verhältnismäßig. Es besteht gerade die Gefahr, dass Spieleräußerungen einen Einfluss auf die Wahrnehmung der BRD im Ausland haben, weil die Nationalmannschaft auf internationaler Bühne als Repräsentant Deutschlands wahrgenommen wird. Zudem wird bei Art. 12 I GG nicht der Kernbereich der sportlichen Berufsbetätigung berührt, sodass im Ergebnis eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und Berufsfreiheit verhältnismäßig ist. Mangels Verfassungsverstoßes ist eine Gesamtbetrachtung des Zivilgerichts daher nicht mehr notwendig. Art. 86 FIFA stellt einen angemessenen Interessenausgleich her.


3. Tatbestandsvoraussetzungen
Ein Anspruch auf Nennung besteht, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Nominierung des F ist durch den DFB gem. Art. 84 FIFA 30 Tage vor Beginn des Wettkampfs erfolgt. Die Frist von Art. 85 FIFA ist nicht abgelaufen. Der F dürfte auch nicht gem. Art. 86 FIFA staatliche Gewalt, wie Todesstrafe und Folter, verherrlicht haben. Fraglich ist, ob F durch das Posieren mit Mambele vor den Kameras der internationalen Presse und die Äußerung: „Lang lebe mein Stammesvater Mambele!“ staatliche Gewalt, wie die Todesstrafe oder Folter verherrlicht hat und daher seine Streichung auf der Grundlage von Art. 86 FIFA rechtmäßig erfolgt ist. Dafür bedarf es einer umfassenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind neben dem Inhalt der Aussage auch Form, Zeit und Ort. Bei den Tatbestandsmerkmalen „staatliche Gewalt“ und „verherrlichen“ handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei denen der Anwender einen Beurteilungsspielraum besitzt. Der Gewaltbegriff wird dabei durch die „Regelbeispiele“ Todesstrafe und Folter konkretisiert, aber nicht enumerativ-abschließend beschrieben. Der Begriff der „Verherrlichung“ könnte in Anlehnung an § 131 StGB und § 1 I GjS ausgelegt werden. Eine Verherrlichung von Gewalt liegt danach vor, wenn sie als positiv und nachahmenswert dargestellt wird. Ausdrücklich äußerte sich F in keiner Weise zu staatlicher Gewalt. Fraglich ist, ob dies in konkludenter Weise erfolgt ist. Seine Aussage zum langen Leben könnte lediglich als Wunsch für gesundheitliches Wohlergehen verstanden werden. Hingegen ist auch eine Deutung als Befürwortung einer Herrschaft, die mit staatlicher Gewalt eng verbunden ist, möglich. Jedenfalls geht eine insgesamt positive Darstellung der bisherigen Herrschaft Mambeles mit der Äußerung von F einher. Auch Zeit, Ort und Form der Aussage könnten in der Gesamtschau zu dem Ergebnis führen, dass F „Gewalt verherrlicht“ hat. F nutzt seinen Status als Idol, um vor der internationalen Presse und der damit verbundenen medialen Aufmerksamkeit am Tag der Nennung des WM-Kaders mit Mambele zu posieren. Allein die Ablichtung mit einer Person, die in der Öffentlichkeit eine Vorbildfunktion einnimmt, steigert das Ansehen des Staatspräsidenten. Lebensleistung und Lebensweg könnten dadurch als positiv und nachahmenswert erscheinen. Festzuhalten ist jedoch, dass es sich nur um Vorwürfe von Folter handelt. Mambele ist bloß Angeklagter. Für ihn spricht daher die Unschuldsvermutung, verbürgt in Artt. 48 GrCh, 20 III GG, 6 II EMRK. Diese Wertung muss ebenfalls bei der Deutung des Verhaltens von F Eingang finden. Daher kann nicht angenommen werden, dass eine Verherrlichung von Gewalt stattfindet, solange die Unschuldsvermutung für Mambele nicht widerlegt ist. Ein Verherrlichen von Gewalt ergibt sich somit weder ausdrücklich noch konkludent aus der Aussage von F. Art. 86 FIFA wurde von F nicht verletzt. Die Voraussetzungen dafür, dass F seine Nennung in den Kader verlangen kann, liegen damit vor.


4. Rechtsfolge
Ein Monopolverband ist zur Gleichbehandlung seiner Vertragspartner verpflichtet und hat Leistungen jedem zu gewähren, der die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung erfüllt, § 242 BGB, Art. 3 I GG. Ein gebundener Anspruch des F auf Nennung scheitert jedoch an der Kapazitätsbegrenzung. Nicht jeder bereits nominierte Spieler, der keine Gewalt verherrlicht hat, kann zwingend einen Anspruch auf Nennung haben. F steht daher nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu. Dieser könnte untergegangen sein, wenn das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Eine ermessensfehlerfreie Entscheidung erfordert eine Berücksichtigung aller Tatsachen. F wird ohne Anhörung und nur eine Stunde nach der Äußerung aus dem Kader gestrichen. Dies legt nahe, dass ein Tatsachendefizit vorliegt und daher ein Ermessensfehler gegeben ist. Somit ist der Anspruch des F auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht untergegangen.


5. Ergebnis
F hat zwar keinen gebundenen Anspruch auf Nennung, jedoch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neuentscheidung über seine Nennung zum DFB-Kader.




II. Athletenvereinbarung i.V.m. § 17.2 DFB
F könnte gem. § 17.2 DFB einen Anspruch auf Nennung in den DFB-Kader haben, wenn er 10 Mio. Euro an den DFB zahlt. Das setzt voraus, dass die Regelung einer Rechtmäßigkeits- und Inhaltskontrolle (§§ 138, 242 BGB) standhält. Die von sportlicher Leistung losgelöste Einkaufsmöglichkeit aus § 17.2 DFB könnte sittenwidrig und daher gem. § 138 I BGB nichtig sein. Auch bei § 138 I BGB handelt es sich um ein Einfallstor für Grundrechte, die den Begriff der Sittenwidrigkeit ausfüllen. Auch hier ist, selbst bei festgestelltem Verfassungsverstoß, noch eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit vorzunehmen. Es könnte ein Verstoß gegen Art. 3 I GG vorliegen, da die Gruppe finanzstarker Spieler gegenüber finanzschwachen Fußballspielern bevorzugt wird. Auch unter Beachtung der mittelbaren Drittwirkung von Art. 3 I GG ergibt sich zwar kein generelles Verfassungsprinzip, das für die Rechtsbeziehungen Privater eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung festschreibt. Gleichheitsgerechte Anforderungen sind aber besonders dann einzuhalten, wenn Private eine besondere Machtposition innehaben. Aufgrund des Ein-Platz-Prinzips befinden sich DFB und FIFA als Monopolverbände in einer Position, welche mit Verhältnis Staat und Bürger vergleichbar ist. Damit ist eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung erforderlich. Die vorhandene Ungleichbehandlung könnte gerechtfertigt sein. Dies kann nur durch Gründe geschehen, die einen legitimen Zweck verfolgen.Ein legitimer Zweck bei der Auswahl zum WM-Kader kann nur in „sportnahen“ Zwecken gesehen werden. Das bedeutet zum einen, dass maßgeblichen Einfluss auf die Kadernennung die individuelle Spielerqualität haben muss. Zum anderen aber auch, dass als Charakteristikum des Fußballs als Mannschaftssportart, die Mannschaftsadäquanz eines jeden Spielers eine wesentliche Rolle spielt. Diese Kriterien kommen in § 17.2 DFB nicht zum Tragen. Stattdessen wird an die finanzielle Potenz der Spieler angeknüpft, was ein sachfremdes, nicht sportartspezifisches Kriterium darstellt. Kapitalstarke Spieler werden nicht nur privilegiert, sondern das Ernennungssystem gerade auf den Kopf gestellt, wenn es gestattet ist, unabhängig von jeglichem sportlichen Talent dem Kader beizutreten. Zudem werden Sponsoren sachwidrige Einflussmöglichkeiten eingeräumt. Der Kerngedanke der Einschätzungsprärogative der Ernennungskommission wird durch die Einkaufsklausel somit entleert. Daher liegt auch im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung von § 138 I BGB, bei der die Privatautonomie aus Art. 2 I GG in die Abwägung einfließt, ein Gleichheitsverstoß vor. § 17.2 DFB ist folglich sittenwidrig und nichtig. Ein Anspruch auf Ernennung kann sich mithin nicht aus der Athletenvereinbarung i.V.m. § 17.2 DFB ergeben.


III. Weitere Ansprüche
Ansprüche aus § 823 I BGB i.V.m. dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und §§ 20 I, 33 GWB könnten im Ergebnis keinen weitergehenden Anspruch begründen, als der Anspruch aus Punkt I. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitert mangels vorsätzlich sittenwidriger Schädigung des DFB.





B. Die Prozessuale Durchsetzung


I. Ausschluss des Rechtswegs
Grundsätzlich kommen eine verbandsinterne Überprüfung, sowie der ordentliche Rechtsweg in Betracht. Gem. § 17.2 DFB Satzung könnte die gerichtliche Überprüfung ausgeschlossen sein. Diese Satzungsklausel könnte schon gem. § 139 BGB nichtig sein, wenn der mutmaßliche Parteiwille dahingeht, dass bei Teilnichtigkeit der Klausel, ein Fortbestehen des restlichen Teils nicht gewollt ist. Dies kann dahinstehen, wenn auch der restliche Teil ohnehin gem. § 138 I BGB sittenwidrig und damit unwirksam ist. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind nicht nur die Grundrechte maßgeblich (s.o.), sondern auch die sonstige Verfassungsordnung. Als „privatrechtswirksames Pendant zur öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzgarantie“ aus Art. 19 IV GG, steht dem F der allgemeine Justizgewährungsanspruch aus Artt. 20 III, 2 I, 101 2 GG zu. Der sich aus § 17.2 DFB ergebende vollständige Rechtswegausschluss nimmt dem F jegliche Überprüfungsmöglichkeit und steht daher diametral zum Grundgedanken der allgemeinen justiziellen Überprüfbarkeit. Einwenden ließe sich, dass es sich um einen selbstbestimmten Verzicht handelt. Für F ist die Nennung sportlich und wirtschaftlich von immenser Bedeutung. Auf der anderen Vertragsseite stehen die mächtigen Monopolverbände FIFA und DFB, in dessen Abhängigkeit der F steht, sodass ein strukturelles Ungleichgewicht vorliegt. Mangels ernstzunehmender Möglichkeit, auf die Regelung Einfluss zu nehmen liegt somit kein selbstbestimmter Verzicht des F vor. Mithin liegt ein Verfassungsverstoß vor, der auch auf der Ebene der Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit, zu einer Sittenwidrigkeit der Klausel führt. Somit ist auch der restliche Teil der Klausel gem. § 138 I BGB nichtig und die Frage der Teilnichtigkeit bedarf keiner Entscheidung. In jedem Fall ist der Rechtswegausschluss nichtig.


II. Hauptsacheverfahren
Ein ausschließlicher Gerichtsstand besteht nicht. Gem. §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG ist das LG sachlich zuständig, wenn der Streitwert über 5000 Euro liegt. Entscheidend ist das wirtschaftliche Interesse des F an dem Streitgegenstand. Eine Nominierung für die Fußballweltmeisterschaft, insbesondere für einen Spieler vom Marktwert des F, ist mit lukrativen Werbeverträgen verbunden. Der Wert des Streitgegenstandes überschreitet daher 5000 Euro. Sachlich zuständig ist somit das LG. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gem. § 17 ZPO nach dem Ort der Hauptniederlassung des DFB, mithin ist das LG in Frankfurt am Main zuständig. Weitere Bedenken bzgl. der Zulässigkeit bestehen nicht.


III. Einstweiliger Rechtsschutz
Aufgrund der Dringlichkeit ist dem F zu raten, eine einstweilige Verfügung gem. §§ 935 ff., 940 ZPO zu erwirken. Gem. §§ 943, 937 I ZPO ist das Gericht der Hauptsache zuständig. In der Begründetheit müssen ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht werden, § 936, 920 I, II, 294 ZPO. Ein Verfügungsanspruch ergibt sich wie dargelegt. Ein Verfügungsgrund besteht, wenn durch die Entscheidung im einstweiligen Verfahren wesentliche Nachteile abgewendet werden. Der WM-Kader soll noch am selben Tag benannt werden. Würde eine Nennung des F nicht erfolgen, drohen ihm erhebliche wirtschaftliche und sportliche Nachteile. Mithin besteht ein Verfügungsgrund. F kann die dargelegten Tatsachen auch glaubhaft machen. Ein Antrag im einstweiligen Rechtsschutz auf ermessensfehlerfreie Neuentscheidung ist somit zulässig, begründet erfolgversprechend.
 


 

1 Typisch für die Organisationsstrukturen im Sport: pyramidale Strukturen und „Ein-Platz-Prinzip“, vgl. statt aller Rössner/Adolphsen, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportecht in der Praxis, 2011, Rn. 8 ff.
2 So Walker, in: Walker, Nominierungsfragen im Sport, 2013, S. 47; Hübner, NZG 2016, 50, (53).
3 Vgl. zur nichtmitgliedschaftlichen Unterwerfung unter die Disziplinargewalt eines Vereins bei organisierten Wettkämpfen Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl. 2000, § 25 Rn. 35 und § 38 Rn. 11; Erman/Westermann, BGB, 15. Aufl. 2017, § 25 Rn. 3.
4 Haas/Adolphsen, NJW 1995, 2146 (2147); Kreißig (Fn. 1), Rn. 222; BeckOK/Schöpflin, BGB, 47. Edition 2018, § 25, Rn. 28, 31.
5 Eine Inhaltskontrolle gänzlich ablehnend Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, 1985, S. 35 f.; befürwortend etwa: van Look, Vereinsstrafen als Vertragsstrafen, 1990, S. 179 ff.; Vieweg, in: Fs. f. Rudolf Lukes 1989, Zur Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, S. 815; jedenfalls für wirtschaftlich- und sozialmächtige Vereine: BGHZ 105, 306 (316 ff.) = NJW 1989, 1724 (1726 f.); 128, 93 (101 ff.) = NJW 1995, 583 (585); Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 25, Rn. 9; MüKoBGB/Leuschner, 8. Auflage 2018, § 25 Rn. 36.
6 So BeckOGK/Lehmann-Richter, BGB, Stand 1.6.2018, § 305 Rn. 8.
7 BGHZ 183, 220 (224) = NJW 2010, 1277 (1278); BGHZ 126, 326 (332) = NJW 1994, 2825 (2826); vgl. auch Regierungsbegr. z. Entwurf des AGB-Gesetzes, BT-Dr 7/3919, S. 22.
8 BGHZ 128, 93 (101) = NJW 1995, 583 (585).
9 Vgl.. BGHZ 128, 93, (102) = NJW 1995, 583 (585); BeckOK/Schöpflin, (Fn. 4), § 25, Rn. 31.
10 So Kreißig (Fn. 1), Rn. 235; Heermann, in: Hüttemann/Rawert/Schmidt/Weitemeyer, Non Profit Law Yearbook 2007, S. 102 ff.
11 BGHZ 128, 93 (102) = NJW 1995, 583 (585); BeckOK/Schöpflin, (Fn. 4), § 25, Rn. 31.
12 Erman/Westermann, (Fn. 3), § 25 Rn. 4; BeckOK/Schöpflin, (Fn. 4), § 25, Rn. 28; so auch schon zur Vorgängervorschrift § 23 I AGBG Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S. 231 und Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß 1999, S.211; a.A. bezüglich Nichtmitgliedern MüKoBGB/Leuschner, (Fn. 5), § 25 Rn. 36.
13 Vieweg, (Rn. 5) S. 811 spricht insoweit von einer „verfassungsrechtlichen Balance zwischen Verband und Mitglied“; BGHZ 105, 306 = NJW 1989, 1724 (1726); MüKoBGB/Leuschner (Fn. 5), § 25 Rn. 36.
14 BGHZ 142, 304 (307) = NJW 1999, 3552 (3552).
15 BVerfGE 7, 198 (206) = NJW 1958, 257 (257); 89, 214 (22) = NJW 1994, 36 (38); Palandt/Ellenberger, (Fn. 5), § 242, Rn. 8.
16 So BeckOGK/Kähler, (Fn. 6), § 242 Rn. 161; zu § 138 vgl. MüKoBGB/Armbrüster, (Fn. 5), § 138 Rn. 20.
17 Vgl. dazu BGHZ 207, 144 (144 ff.) = NZG 2015, 1282 (1282 ff.) in welcher DOSB als Monopolverband zur Leistungsgewährung verpflichtet wird.
18 Zu Art. 12 vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Aufl. 2014, S. 223; Kreißig (Fn. 1), Rn. 235.
19 BVerfGE 7, 377 (400 ff.) = NJW 1958, 1035 (1037).
20 BVerfGE 13, 174 (175) = NJW 1961, 2251, (2251); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, 1999, Rn. 409 ff.
21 BVerfGE 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123 (1123); Maunz/Dürig/Scholz, GG-Kommentar 83. EL April 2018, Art. 9 I, Rn. 23.
22 Scholz (Fn. 16), Art. 9 I, Rn. 84; Kemper in von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, Art. 9 I, Rn. 2.
23 Maunz/Dürig/Grabenwarter, (Fn. 18), Rn. 73.
24 Gerichtliche Tatsachenüberprüfung zulässig: MüKoBGB/Leuschner, (Fn. 5), § 25 Rn. 81; Erman/Westermann, (Fn. 3), § 25 Rn. 4.
25 Detterbeck, AllgVerwR, 16. Aufl. 2018, Rn. 348-351.
26 Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte.
27 MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl. 2017, § 131, Rn. 29; enger im Begriffsverständnis und eine Glorifizierung verlangend Erdemir, in: Bornemann/Erdemir JMStV, 2017, § 4 Rn. 54; weiter im Begriffsverständnis ohne das Merkmal der Nachahmung Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 131, Rn. 9.
28 Vgl.BGHZ 207, 144 (147 f.) = NZG 2015, 1282 (1283); Summerer,(Fn. 18), S.196; Walker, (Fn. 2), S. 49.
29 Vgl. BVerfG, NJW 2018, 1667 (1670) zur Herleitung verfahrensrechtlicher Anforderungen aus Art. 3 I GG werden, insbes. eine Anhörungspflicht; kritisch dazu wegen unmittelbarer Grundrechtswirkung Hellgardt, Wer hat Angst vor der unmittelbaren Drittwirkung, JZ 2018, 901 (908 f.); Zur Ausstrahlungswirkung bzw. mittelbaren Drittwirkung bei Auslegung und Anwendung von Privatrecht: Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Auflage 2016, Art. 1 Rn. 52 ff.; ferner Starck, Wie kommen die Grundrechte ins Privatrecht und wie wirken sie dort?, in FS für Rolf Stürner 2013, S. 61 ff., ferner Voßkuhle, Zur Einwirkung der Verfassung auf das Zivilrecht, in FS für Rolf Stürner 2013, S. 79 ff., dort wörtlich als Fazit: “Die Gefahr einer Überkonstitutionalisierung der Privatrechtsordnung wird man … nur durch unterschiedliche Strategien auf Dauer entkommen. Wie auch in vielen anderen (Lebens-)Bereichen sollte die Tugend des Maßhaltens handlungsleitend sein.“.
30 Bearbeiter können hier auch zu dem Ergebnis kommen, dass kein Ermessensfehler vorliegt und daher der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht mehr besteht.
31 So schon das RG in RGZ 128, 92 (95); MüKoBGB/Armbrüster, (Fn. 5), § 138 Rn. 20.
32 MüKoBGB/Armbrüster, (Fn. 5), § 138 Rn. 20.
33 BVerfG, NJW 2018, 1667 (1669).
34 BVerfG, NJW 2018, 1667 (1669).
35 Summerer, (Fn. 18), S.187 f.
36 Vgl. zum DLV Hübner, NZG 2016, 50, (53).
37 Vieweg, Faszination Sportrecht, 3. Aufl. 2015, S. 22 ff.
38 MüKoBGB/Armbrüster, (Fn. 5), § 138 Rn. 20; zu Art. 20 III GG vgl. LG München I NZM 2011, 205 (205).
39 Maurer, in: Fs. f. Herbert Bethge, 2009, S. 535 ff.
40 Vgl. dazu LG Kempten SpuRt 2015, 35 (35), m. Anm. Lambertz.
41 Gottwald, in Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZivilProzR, 18. Aufl. 2018, § 32, Rn. 28.
* Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter für Sportrecht an der Juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
** cand. iur. im Schwerpunktsemester
*** cand. iur. im Schwerpunktsemester