Veröffentlicht von Prof. Dr. jur. Burkhard Oexmann am 30.12.2013

Kartellrechtsfragen zum Sportregelwerk der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (LPO + ADMR)

Replik vom 30.12.2013

In dem Rechtsstreit

B.                                                     Sozietät Dr. Oexmann, Lippetal

(AZ: 50.B./)

g e g e n

Deutsche Reiterliche Vereinigung

VI U 40/13 (Kart)

beginne ich mit einer Metapher. Nach §§ 515 lit. b), 519 Nr. 9 der Leistungsprüfungsordnung (LPO) des Beklagten führt das Nichteinhalten der vorgeschriebenen Reihenfolge der Hindernisse im Springparcours zum Ausschluss des teilnehmenden Reiters, also zur Disqualifizierung. Genau in diese Situation hat sich der Beklagte (anwaltlich exzellent vertreten und durch seinen Justitiar brillant präsentiert) selbst gebracht. Denn er hat ein Hindernis nicht überwunden, nämlich seine (in allen Verfahren und Instanzen bestrittene) Behauptung nicht bewiesen, Leistungsprüfungsordnung (LPO) und mit Allgemeine Doping-Medikamentenkontrollregel (ADMR) seien Bestandteil der Rechtsbeziehungen der Parteien dieses Verfahrens. Dieses Prolegomenol vorangestellt repliziere ich auf die Berufungserwiderung vom 12.12.2013, Eingang 19.12.2013, für den Kläger:

1.
Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte wird im Berufungsrechtsstreit allenfalls zweiter Sieger werden, wenn er folgende Fragen nicht positiv beantwortet:

a)
Wie und wann sind LPO und ADMR Bestandteile der Rechtsbeziehungen der Parteien geworden?

b)
Sind LPO und ADMR rechtswirksam zustande gekommen und haben sie (auch kartellrechtlich) rechtlichen Bestand?

 

c)
Hat der Beklagte seine eigenen im Mai 2010 noch printtechnisch getrennten Bestandteile seines Regelwerks, nämlich LPO und ADMR, richtig angewendet?


2.
Bis zum heutigen Tag hat der Beklagte nicht ein Schriftstück vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass sich der Kläger, in welcher rechtlichen Konstruktion auch immer, der Geltung der ADMR des Beklagten vor dem hier streitgegenständlichen Turnier vom 28. bis 30.05.2010 in L. unterworfen hat. Ich überreiche dazu

/        anliegend in Kopie aus der Website des Beklagten zu www.pferd-aktuell.de den Kurzartikel „Historie und Hintergründe“.

Darin heißt es unter dem „20. Januar 2010“ wörtlich: „Die ADMR 2010 definieren die Nachweis- und Untersuchungsverfahren, die Art der Verstöße und die Art möglicher Sanktionen und gelten vom 28. April 2010 bis 27. April 2011.“ Insoweit verweise ich zunächst auf das vom Kläger unstreitig unterschriebene Schriftstück die GA 903. Nach eigener Darstellung des Beklagten (GA 782) erfolgte die Unterschriftsleistung durch den Kläger am 21.12.2007. Damals kannte keiner die für den Beklagten katastrophalen Ereignisse während der Olympischen Spiele 2008 im Hockey-Club von Hong-Kong und erst recht nicht die später einsetzende Bemühungen des Beklagten, mittels juristischer Qualifizierung über die ADMR das Medikations- und Dopingwesen rechtlich zu kanalisieren. Ich verweise ferner auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite 3). Dort heißt es, der Kläger nehme seit mehr als 30 Jahren als Reiter an Turnieren teil. Er beantrage beim Beklagten jeweils die Jahresturnierlizenz und deren Verlängerung (geregelt in § 20 LPO), zunächst nur schriftlich, ab dem Jahr 2008 online, „so auch im März 2010“. Zu diesem Zeitpunkt waren die ADMR des Beklagten noch nicht in Kraft getreten. Es spricht geradezu Bände und entlarvt die Substanzlosigkeit des Vorbringens des Beklagten zur rechtlichen Einbeziehung der ADMR, wenn zur Jahresturnierlizenz nach § 20 LPO Schriftstücke aus dem Jahr 2012 vorgelegt werden (GA 811 bis 814), hier soll offensichtlich von den fehlenden Fakten abgelenkt werden. Die gleichen Defizite im Sachvortrag der Beklagten ergeben sich für das Nennungsverfahren des Klägers. Wie im ersten Rechtszug vorgetragen, regelt die LPO der Beklagten einen Nennungszeitraum von mindestens vier Wochen. Auch die Ausschreibungstexte des Reit- und Fahrvereins in L. helfen dem Beklagten nicht weiter (GA 823 bis 826). Die Veröffentlichungen erfolgten ausweislich der Fußnote auf Seite 63/64 der März-Ausgabe 2010 des Monatsperiodikums „Reiter und Pferde in Westfalen“, zugleich Veröffentlichungsblatt des Landesreiterverbandes, dem der Kläger als Stamm-Mitglied seines westfälischen Reinvereines zugewiesen war und ist. Ich wiederhole: Die ADMR war damals noch gar nicht in Kraft getreten. Ein Hinweis im Ausschreibungstext auf diese ADMR erfolgt nicht (konnte auch noch nicht erfolgen). Es ist jeweils nur die Rede von „LPO-Bestimmungen“. Zu denen zählten aber die später separat in Kraft getretenen ADMR nicht. Zwischenergebnis (auf die rechtlichen Strukturen werde ich später zurückkommen) zur Frage, ob und wie die ADMR des Beklagten überhaupt Bestandteil der Rechtsbeziehungen der Parteien geworden sein sollen (der Kläger ist unstreitig nicht Mitglied des Beklagten): Weder über die Verlängerung der Jahresturnierlizenz im März 2010 noch über die Nennung spätestens einen Monat vor dem 28.05.2010 über das Online-Nennungssystem des Beklagten konnten die ADMR in die Rechtsbeziehungen der Parteien implementiert werden, da sie nach der eigenen Mitteilung des Beklagten (vgl. die obigen „Historie und Hintergründe“) erst am 28.04.2010 in Kraft traten.

3.
Nach dem Modus einer tibetanischen Gebetsmühle beruft sich der Beklagte stets auf das

/        in Kopie beigefügte Urteil des 2. Zivilsenats des BGH vom 28.11.1994 zu II ZR 11/94.

Allerdings fehlt es zwischen jener Entscheidung und dem vorliegenden Rechtsstreit am notwendigen juristischen tertium comparationis. Seinerzeit ging es ausschließlich um Fragen des Ablaufes einer Turnierprüfung (Placierungen, Einhalten des vorgeschriebenen Parcours, Disqualifikation). Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Beklagte den Kläger, einen Berufsreiter mit Rechten aus Art. 12 GG i.V.m. § 242 BGB, für einen langen Zeitraum in der Berufsausübung gesperrt, und zwar wegen angeblicher toxikologischer Kontamination des von ihm in der Prüfung gerittenen Pferdes.

4.
Der Beklagte scheitert ferner an § 305 Abs. 2 BGB. Danach werden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss (1.) die anderen Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und – kumulativ! – (2.) der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, wenn die anderen Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. In der Rechtsbeziehung der Parteien (Lösung der Jahresturnierlizenz nach § 20 LPO) und der Durchführung der Nennung für das streitgegenständliche Turnier über das Online-System des Beklagten sind die ADMR schon nach der vorzitierten Rechtsvorschrift des § 305 Abs. 2 BGB nicht implementiert worden. Selbst wenn man einen Hinweis auf die Website des Beklagten unterstellen wollte, würde dies nicht ausreichen. Eine Publikation der ADMR durch den Beklagten war vor dem Turnier nirgends in der notwendig analogen Form, wie von § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgeschrieben, erfolgt. Die Veröffentlichung im analogen Regelwerk des Beklagten erfolgte erstmals Anfang 2011. Das ließ für die Einbeziehung der ADMR in die Rechtsbeziehungen der Parteien anlässlich des streitgegenständlichen Turniers Ende Mai 2010 nicht im Ansatz ausreichen.

5.
Der Beklagte hat die Parcourshürde des § 305c Abs. 1 und 2. BGB nicht mit Erfolg genommen. Rein aus Gründen der Haptik überreiche ich

/        anliegend in Kopie die ADMR des Beklagten einschließlich der Anhänge I, II und III.

Es handelt sich um komplexe und höchst komplizierte ineinander verschachtelte und vor allem kaskadenförmig strukturierte Regeln, die kaum ein Volljurist verstehen kann. Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von besonderer Bedeutung, verweise ich auf Art. 3 Nr. 1 („Beweislast und Beweismaß“). Dort heißt es wörtlich: „Die FN trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Verstoßes gegen Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln das Beweismaß besteht darin, dass die FN überzeugend darlegen kann, dass ein Verstoß gegen die Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln vorliegt, wobei die Schwere des Vorwurfs zu berücksichtigen ist. Die Anforderungen an das Beweismaß sind in jedem Fall höher als die gleich hohe Wahrscheinlichkeit, jedoch geringer als ein Beweis, der jeden vernünftigen Zweifel ausschließt. Liegt die Beweislast zur Widerlegung einer Vermutung oder zum Nachweis außergewöhnlicher Tatsachen oder Umstände gemäß diesen Bestimmungen bei dem Verantwortlichen, dem ein Verstoß gegen die Anti-Doping- und Medikationskontroll-Regeln vorgeworfen wird, so liegen die Anforderungen an das Beweismaß in der gleich hohen Wahrscheinlichkeit.“ Ganz ähnlich verhält es sich mit der Regel 7.1.10: „Bei Abweichungen von Formvorschriften wird eine bestimmte Probe nur ungültig, wenn dadurch die Gültigkeit eines positiven Analyseergebnisses infrage gestellt wird.“ Wie fragil nach eigener Auffassung des Beklagten seine ADMR sind, zeigt

/        das in Kopie anliegende Rundschreiben des Beklagten vom 11.12.2012.

Der Beklagte ist Mitglied der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI mit Sitz in Lausane, Schweiz). Die FEI hat andere Doping- und Medikationskontroll-Regeln als der Beklagte. Das führt zu unlösbaren Konflikten. Um dem (auch noch mit Rückwirkung) zu entgehen, musste der Beklagte das vorgenannte Schreiben veröffentlichen, um seine eigenen von der FEI divergenten Regeln zu erklären. Das ist das Gegenteil von eindeutig und zuverlässig, nämlich überraschend und mehrdeutig im Sinne des § 305c BGB. Auch das Online-Nennungssystem des Beklagten (Kurz: NeOn) verletzt § 305c BGB. Dazu überreiche ich

/        anliegend in Kopie die Veröffentlichung des Beklagten zum Online-Nennungssystem (Leitfaden, Stand März 2009!).

Dieser Ausdruck ist aktuell und wurde von mir am 24.12.2013 generiert. Wo sind die Hinweise auf die ADMR, wo erklärt der Beklagte dem (durchschnittlichen juristisch nicht vorgebildeten) Reiter Fragen die Beweislast, Beweislastumkehr, Beweismaß und Exkulpation? In Reiterkreisen ist es üblich, dass sich der Reiter eines Pferdepflegers bedient. Bisher war dieser nur für das Wohlergehen des Tieres zuständig; offenbar erwartet der Beklagte, dass der Reiter auch einen juristischen Pfleger mit sich führt, der für jederzeitige Umsetzung der LPO und der ADMR zuständig ist. Angesichts der widersprüchlichen unklaren Regelungen des Beklagten und der nicht mehr nachvollziehbaren Defizitären Implementierung dieser Regeln in das Turniergeschehen wird deutlich, dass sich der Beklagte im Parcours seiner eigenen Regelwerke verritten hat und deshalb durch Zusprechung der Klage für alle Zeiten disqualifiziert werden muss.

6.
Der Beklagte scheitert weiter am Instrument der Inhaltskontrolle. Dazu bestimmt § 307 Abs. 1 BGB: „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie dem Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu von Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“ Insoweit liegt nach Rechtsprechung und Literatur eine strukturelle Realkonkurrenz mit den Regelungen in § 305c BGB vor (auf diese Rechtsfragen will ich nicht mehr eingehen). Letztlich sind die ADMR, jedenfalls im Bereich von Beweislast, Beweislastumkehr, Beweismaß und Exkulpation mit tierschutzrechtlichen Normen (insbesondere § 2 TierSchG) absolut inkompatibel. Ich habe im Rechtsstreit erster Instanz verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Beweisregeln der ADMR schlicht und ergreifend dem Humansport entnommen worden sind. Während der Humansportler ununterbrochen „physisch bei sich ist“, muss der Reiter sein Pferd nach den Leitlinien des Bundestierschutzministers täglich an wenigstens drei Stunden im Sozialverbund mit anderen Pferden auf eine Weide oder einen Paddock zur freien Bewegung stellen. Bei 30 Kalendertagen bedeutet dies, dass der Reiter an 90 Stunden im Monat keinen unmittelbaren Einfluss auf sein Pferd hat und insbesondere nicht verhindern kann, dass durch Körperkontakt der Sozialwesen „Pferd“ Kontaminationen erfolgen, auch durch Nahrungsaufnahme oder Aufnahme von Kot- und Urinpartikeln. Dazu habe ich mich wiederholt auf das

Gutachten eines Sachverständigen aus dem Bereich Toxikologie/Pharmakologie des Pferdes

berufen. Nicht umsonst hat der Beklagte im vorliegenden Verfahren gegen den Kläger vor der 1. Kammer seiner Disziplinarkommission den renommierten Hannoveraner Toxikologen/Pharmakologen Prof. Dr. K. eingeschaltet. Wenn auch die Beweisfrage damals eine andere war, würde die Stoßrichtung der Beweisaufnahme bei der von mir aufgeworfenen Problematik letztlich nicht anders ausgehen, auch unter dem Gesichtspunkt der Pharmakokinetik. Hätte der Kläger die ADMR-Regeln des Beklagten im Bereich Beweislast, Beweislastumkehr, Beweismaß und Exkulpation strikt angewendet, hätte er sein Pferd bei körperlicher Abwesenheit in einen luftdicht abgeschlossenen Tresor stellen müssen. Dass dies mit dem Tierschutz, insbesondere mit § 2 TierSchG, nicht konform geht, muss ich dem erkennenden Kartellsenat, auch wenn er wohl nur selten mit Pferdeproblemen konfrontiert werden dürfte, nicht näher bringen.

7.
Darüber hinaus sind die LPO- und ADMR-Regeln des Beklagten, auch kartellrechtlich, unwirksam, möglicherweise sogar nichtig. Insoweit mache ich, konzentriert unter Bezugnahme auf mein bisheriges Vorbringen, folgende Unwirksamkeitstatbestände geltend:

  • Verstoß gegen § 82 GWB, Art. 101 AEUV (Kartellverbot)
  • Verstoß gegen § 19 GWB, Art. 102 AEUV (Missbrauchskontrolle)
  • Verstoß gegen § 20 GWB (Diskriminierung- und Behinderungsverbot).

Die angefochtenen Entscheidungen der Disziplinarkommission und des Großen Schiedsgerichts des Beklagten sind schon deshalb aufzuheben, weil es an den verbandsrechtlichen Formerfordernissen nach § 71 BGB fehlt. Beide Gremien waren nicht ordnungsgemäß besetzt. Die Zurückweisung dieser Argumentation des Klägers durch das Kartellgericht verkennt die sekundäre Darlegungslast des Beklagten. Der Beklagte hat auf die entsprechenden Besetzungsrügen immer wieder erklärt, es sei alles „ordnungsgemäß zustande gekommen“. Erst als während dieses Verfahrens der Beklagte ein Sitzungsprotokoll überreichte, das erkennbar manipuliert (nämlich geschwärzt) ist, bestand hinreichend Anlass zu der Vermutung, dass der Modus des Beklagten, seine Gremien zu organisieren und ordnungsgemäß zu besetzen, offenbar dem Nirwana der Unaufklärbarkeit zuzuordnen ist. Bis zum heutigen Tag weiß offensichtlich nicht einmal der Justitiar des Beklagten, wann welche ordnungsgemäßen Mitglieder des Ausschusses Sport der FN welche Personen in die Gremien „Disziplinarkommission“ und „Großes Schiedsgericht“ gewählt haben. Ich vermute, hier ist keine Wahl, sondern eine von § 71 BGB abweichende mauschelähnliche „Bestimmung“, durch wen auch immer, erfolgt. Um dieses Manko nicht offenzulegen, präsentiert der Beklagte dem Gericht manipulierte (nämlich geschwärzte) Protokolle aus dem Bermudadreieck seiner Intransparenz.

8.
Ich wiederhole: Die streitbefangenen Regeln des Beklagten zur Beweislast, Beweismaß und Exkulpation sind dem Bereich des Humansportes und den internationalen Vorgaben der WADA übernommen worden, ohne sie auf die besonderen Belange des Tierschutzes für Pferde anzupassen. Grundrechtlich betrachtet streiten vorliegend das Berufsrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG mit der Koalitionsfreiheit des Beklagten aus Art. 9 GG. Mag die Rechtsprechung des BGH das Koalitionsrecht weitgehend schützen, ist jedenfalls dann der Erfolg zu versagen, wenn der Beklagte entgegen seiner tierschutzrechtlichen Verpflichtung Drittregeln „stumpf“ übernimmt.

9.
Nach Abschluss der ersten Instanz (Schlussverhandlung am 16.05.2013) hat sich herausgestellt, dass die auch diesem Verfahren zugrunde liegende Medikationsanalyse durch das Institut N.N. (zuständig: Prof. Dr. X.Y.) Richtigkeit für sich nicht in Anspruch nehmen kann.

10.
Schon die Beauftragung dieses Instituts durch den Beklagten wirft Rechtszweifel auf. Ich verweise nochmals auf den Verstoß gegen die vergaberechtlichen Vorschriften und die sich daraus ergebenen Konsequenzen, dass nämlich der Grundlagenvertrag zwischen dem Beklagten einerseits und dem Institut N.N. andererseits (dieses Institut ist nicht rechtsfähig) andererseits nichtig sein dürfte. Es ist bezeichnend, dass der Beklagte meinem an den §§ 139, 142 Abs. 1 ZPO orientierten Antrag, den Grundlagenvertrag zwischen dem Beklagten und Prof. Dr. X.Y. vorzulegen, bisher nicht nachgekommen ist.

11.
Der Beklagte dürfte bei der Beauftragung des Instituts N.N. seine Sorgfaltspflichten verletzt haben. Dazu überreiche ich

/        anliegend in Kopie den Schriftsatz vom 16.12.2013

im Rechtsstreit D. ./. D. zu 324 O 601/13 Landgericht Hamburg. Vorsorglich beantrage ich

Beiziehung der Akten 324 O 601/13 Landgericht Hamburg.

Um diesen Hintergrund zu verstehen, überreiche ich ferner

/        anliegend in Kopie die Klageerwiderung vom 10.12.2013 zu 324 O 601/13 LG Hamburg (Textteil ohne Anlagen).

Das Institut N.N. hat in der Akkreditierungsphase eine von der FEI manipulierte spiked sample fehlerhaft analysiert. Damit ist das Institut nicht zuverlässig, da es sich bei der „übersehenen“ toxikologisch-pharmakologischen Substanz um ein Präparat gehandelt hat, das nun wirklich niemand, der Anspruch auf Solidität erhebt, übersehen kann. Denn das veterinärmedizinische Steroid „Boldenone undecylenat“ hat eine detection time von bis zu fünf Monaten, konnte und durfte also nicht übersehen werden. Dass das Institut N.N. in der Akkreditierungsphase diesen unverzeihlichen groben Fehler „geschossen“ hat, stelle ich unter Beweis durch das

Zeugnis Tierarzt Dr. med. vet. C.

12.
Ebenfalls losgelöst vom strengen Novenverbot des § 531 Abs. 1 ZPO überreiche ich anliegend jeweils in Kopie:

/        Auszug aus der Broschüre des Beklagten „Die Aufgaben des TurnierTierArztes“
/        FEI-Empfehlungen „How Testing Works“
/        das Manual der FEI für veterinärmedizinische Medikationskontrollen.

Ich hatte bereits oben darauf hingewiesen, dass der Beklagte als Mitglied der FEI an deren (internationalen) Regel gebunden ist. Vergleicht man die Regelungen des Beklagten für das Protokoll der Medikationskontrolle und das anschließende (eventuelle) Disziplinarverfahren in der eigenen Sportgerichtsbarkeit, stellt man sofort Defizite fest. Der 2. Zivilsenat des BGH hat in verschiedenen Entscheidungen (Urteil vom 20.04.1967 zu II ZR 142/65, Urteil vom 27.10.1980 zu II ZR 62/80) von einem Verein verlangt, dass seine Organe, die Ordnungsverfahren gegen Mitglieder durchführen, gewisse allgemein gültige Verfahrensgrundsätze beachten, damit das Verfahren, das zum Ausspruch einer Vereinsstrafe führt, nicht zu einem Willkürakt wird und sich das betroffene Mitglied sachgerecht verteidigen kann. Diese Chance wird dem Kläger durch die ADMR des Beklagten nachhaltig genommen. Aus dem Medikations- und Dopingverfahren des Beklagten gegen die Reiterin H. (diese hat mich umfassend von der anwaltlichen Schweigepflicht nach § 203 StGB befreit) überreiche ich anliegend jeweils in Kopie:

/        Beschluss der 2. Kammer der Disziplinarkommission des Beklagten vom 20.03.2013, zugestellt am 25.04.2013
/        meine sofortige Beschwerde vom 07.05.2013 an das Große Schiedsgericht des Beklagten
/        meinen Ergänzungsschriftsatz vom 28.05.2013
/        meinen Ergänzungsschriftsatz vom 06.06.2013
/        meinen Ergänzungsschriftsatz vom 27.06.2013.

In jedem Verfahren hat sich gezeigt, dass nicht einmal die Verfahrensordnung des Beklagten minimalistischen Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit genügt. Das hat fatale Auswirkungen für die Frage der Anwendbarkeit der Beweislastumkehr nach den ADMR. Im Fall der Reiterin H. hatte der Turnier-Tierarzt des Beklagten im Widerspruch zu den eigenen Regeln des Beklagten und den höherrangigen Regeln der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) ausgesagt, er habe selbst keine Identifikation des Pferdes der Reiterin H. vorgenommen, auch habe er das Medikations- und Untersuchungsprotokoll unterschrieben, obwohl die Kennziffern der beiden Untersuchungsröhrchen zu diesem Zeitpunkt nicht eingetragen waren. Beweises halber berufe ich mich auf die

Zeugin H.

Der Vorsitzende der 2. Kammer der Disziplinarkommission des Beklagten, Herr N.N., selbst Rechtsanwalt in W., hat dann ein sogenanntes „Protokoll“ zusammen gebastelt, das schlicht und ergreifend falsch ist, wobei ich Herrn N.N. aus meiner langjährigen Erfahrung mit seiner anwaltlichen Tätigkeit durchaus zutraue, dass hier eine vorsätzliche Manipulation des „Protokolls“ zum Nachteil der Reiterin H. erfolgte. Ergebnis zum Nachteil dieser Reiterin: Die von Prof. Dr. X.Y. analysierten Proben waren gültig, weil nämlich „Abweichungen von Formvorschriften“ nicht festgestellt wurden. Ironie des Schicksals: Inzwischen hat das Große Schiedsgericht des Beklagten die sofortige Beschwerde der Reiterin H. zurückgewiesen (allerdings liegt die Begründung dieser Entscheidung noch nicht vor). In der mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende des Großen Schiedsgerichts, der inzwischen pensionierte Direktor des Amtsgerichts W., erklärt, die Disziplinarkommission habe „alles richtig festgestellte“. Dass hier das Grundgesetz, insbesondere der Gehörsanspruch aus Art. 103 Abs. 1GG, mit den Füßen getreten wird, erschließt sich auch den Nichtjuristen.

13.
Zu meinem Hilfsantrag,

wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen,

überreiche ich anliegend jeweils in Kopie:

/        Heermann, Ausschließlichkeitsbindungen in Sponsorenverträgen aus kartellrechtlicher Sicht, in: causa sport 2009, 226 bis 237
/        Heermann, Anwendung des Europäischen Kartellrechts im Bereich des Sports, in: wuw 2009, 394 bis 407 (Teil I: Kartellverbot gem. Art. 81 EG)
/        Heermann, Anwendung des Europäischen Kartellrechts im Bereich des Sports, wuw 2009, 489 bis 503 (Teil II: Missbrauchsverbot gem. Art. 82 EG).

14.
In einer neueren Dissertation (Dallmeier, Dopingregeln im Pferdesport, Gießen 2012) wird das Thema „Verschulden“ bei der auch hier maßgeblichen strict liability-Regel diskutiert, und zwar unter dem Aspekt „Einschränkung auf der Haftungsfolgenseite“ (Seite 113 der vom Gießener Hochschullehrer Prof. Dr. Adolphsen begleiteten Dissertation). Die Doktorandin vertritt die Auffassung, jedenfalls nach Schweizerischem Zivilrecht müsse das System des WADA-codes differenziert betrachtet werden, und zwar nach haftungsbegründet einerseits und haftungsausfüllend andererseits (letzteres maßgeblich für die Schuld auf der Rechtsfolgenseite). Allerdings sei „der Streit um das Verschulden des Erfordernis im System des WADA-codes letztlich rein dogmatischer Natur“. Dem widerspreche ich mit allem Nachdruck. Auch der Doktorandin Dallmeier gelingt es nicht, den Unterschied zwischen Human-Sportler einerseits und reitendem Pferde-Sport andererseits zu ziehen. Wegen der deutschen Regelungen für den Tierschutz unter Einbeziehung der Leitlinie des Bundestierschutzministeriums befindet sich jedes Pferd an wenigstens 90 Stunden pro Monat außerhalb der Einfluss- und Kontrollsphäre des Reiters. Damit kann dieser nicht ausschließen, dass durch Dritte fahrlässig oder vorsätzlich, auch durch den natürlichen artgerechten Pferdekontakt, pharmakologisch-toxikologische Kontaminationen seines Pferdes eintreten.

15.
Das leitet über zu einem Gesichtspunkt, der inzwischen unter Pferderechtlern diskutiert wird, nämlich zur Frage, ob es nicht Aufgabe der ADMR gewesen sei, gem. Art. 3 Abs. 1 GG eine Differenzierung vorzunehmen. Es mag durchaus sein, dass rein dopingafine pharmakologische Substanzen strikt zur Beweislastumkehr führen, weil es hier um Vorsatzdelikte auch strafrechtlicher Natur geht. Bei der bloßen Kontamination mit nicht erlaubten Medikationen scheidet dieser strenge Vorwurf aus, gerade ausgehend vom Fall des Klägers. Hier soll sein Pferd mit Medikamenten in Berührung gekommen sein, die für ein schwer erkranktes Pferd aus therapeutischen Gründen tierschutzrechtlich geboten waren. Damit könnte zum Nachweis des Beklagten auch unter dem Aspekt der §§ 134, 138, 242, 826 BGB die Pflicht bestanden haben, die Beweislastumkehr auf Fälle des vorsätzlichen Doping zu beschränken. Auch hier wiederhole ich meine Anregung,

wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zuzulassen.

16.
Der Beklagte lässt in seinem Erwiderungsschriftsatz vom 12.12.2013 vortragen, die Behauptung des Klägers, das „Dopinglabor“ (schon beim Lesen dieses Wortes sträuben sich mir die Haare) habe fehlerhafte Analyseergebnisse ermittelt, sei „nicht ansatzweise substantiiert“. Hier verkennt der Beklagte, wie schon so oft in diesem Verfahren, die Darlegungs- und Beweislasten. Der Beklagte hat unter Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften das Institut für Sportchemie, geleitet von Prof. Dr. X.Y. und angegliedert der N.N., vor Jahren beauftragt, und zwar monopolistisch. Es liegen inzwischen hunderte von Analysen vor. Ich habe oben unter Beweisantritt dargetan, dass schon in der Akkreditierungsphase das Institut N.N. einen unverzeihlichen, nahezu unfassbaren Fehler begangen hat. Mir wird, auch im Zusammenhang mit dem Prozess des Prof. Dr. X.Y. gegen mich selbst, inzwischen von (möglicherweise interessierter) Seite mitgeteilt, es gebe weitere Hinweise für falsch-positive Analyseergebnisse aus K. (nähere Einzelheiten sind noch in der Mitteilungsphase). Ich habe die

Zeugen Tierarzt Dr. A. und Justitiar Dr. B., beide zu laden über den Beklagten,

als Beweismittel in das Verfahren eingeführt, dass solche falsch-positiven Ergebnisse bekannt seien, jedenfalls die beiden vorgenannten

Zeugen Dr. A. und Dr. B., b.b.

wissen, dass das Labor N.N. nicht in jedem Fall frei von Fehlern arbeitet.

17.
Der Beklagtenvertreter bezeichnet meine Behauptungen zur nicht strikten Zuverlässigkeit des Labors als „unzutreffend und reine Polemik“. Das hat er offensichtlich geschrieben, ohne sich kundig zu machen. Ich wiederhole meine Vorwürfe zum groben Fehler des Labors in der Akkreditierungsphase.

18.
Der Beklagte bestreitet, dass das Pferd des Klägers Weidegang gehabt habe. Das ist völlig neuer Vortrag im zweiten Rechtszug (§ 531 Abs. 1 ZPO) und wird von mir als vorsätzlicher Verstoß gegen das strenge Novenverbot nicht toleriert werden. Der Kläger, selbst Berufsreiter und Landwirt, hat, wenn man sich die bei den Akten befindlichen Fotos anschaut, genügend Weideflächen, um seine Pferde tagtäglich auf die Weide und, wenn die Witterung dies nicht zulässt, jedenfalls auf einen Paddock zu stellen. Sollte der erkennende Senat diesen Punkt für entscheidungserheblich halten, werde ich für den hier maßgeblichen Zeitraum im Mai 2010

geeignete Beweismittel in das Verfahren einführen.

19.
Ich bin gemäß der mich treffenden Verpflichtung aus §§ 138, 282 ZPO bestrebt, den Sachverhalt in allen für die Entscheidung notwendigen Einzelheiten vollständig vorzutragen. Sollte das Gericht jedoch der Auffassung sein, dass ich für eine Entscheidung sowohl bezüglich der Hauptforderung als auch der Nebenforderung notwendige Tatsachen nicht, nicht vollständig und/oder nicht mit den erforderlichen Beweisangeboten vorgetragen habe, bitte ich um einen richterlichen Hinweis gemäß
§ 139 ZPO darüber, in welcher Art und Weise ich eventuell ungenügende Angaben und nicht ausreichend sachdienliche Anträge zu ergänzen haben könnte. Sollte das Gericht die Absicht haben, eine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen, den ich übersehen oder für unerheblich gehalten habe oder anders als das Gericht beurteile (§ 139 Abs. 2 ZPO), erwarte ich einen solchen Hinweis. Nach
§ 139 Abs. 4 ZPO bitte ich das Gericht, die erforderlichen Hinweise möglichst früh zu erteilen, damit ich ohne ansonsten nach § 139 Abs. 5 ZPO notwendige Schriftsatznachlässe oder Vertagungsanträge rechtzeitig reagieren kann. Nach einer eventuell durchgeführten Beweisaufnahme erbitte ich entsprechende sachliche Hinweise gemäß § 279 Abs. 3 ZPO, ob es ergänzenden Sachvortrages oder Beweisanerbietens bedarf. Für den Fall, dass das Gericht die mir nach §§ 139, 279 ZPO mitzuteilenden Erkenntnisse erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gewinnt, verweise ich schon jetzt auf die richterliche Verpflichtung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO.